Stadtentdeckungen zu Pfingsten
Hören Sie das? Dieses dumpfe, eiserne Rasseln einer Kette! Oder sind es die klirrenden Maßkrüge, die prostend von bierseeligen Menschen gestoßen werden? Ich mag das, wenn einem an diesen, fast zeitlosen Orten solche Bilder und Geräusche aufgehen. Leider sind sie rar und selten geworden, diese noch nicht todsanierten Altstadtgässchen im Welterbe. Doch in der Ostnerwacht an der Ecke Prinzenweg und Heiliggeistgasse, da lassen sie sich noch voller Geheimnisse entdecken. In großen, altdeutschen Lettern steht da „Brandl-Garten“ an der Mauer zur Heiliggeistgasse, irden-braun, etwas morbide. Aber die jetzt blühenden Kastanien und Linden im Brandlbräu-Garten erinnern an glänzende Brauerei-und Biergartenzeiten und an den Wanderzirkus, der dort aus Dankbarkeit seinen „Bären an der Kette“ dagelassen hat. Schließlich hatte der einen Viehdieb verjagt. Vielschichtige und zwielichtige Gestalten gab‘s in dieser Ecke allemal und das spürt und sieht man. Gleich um die Ecke die ehemalige katholische Waisenhauskirche „Maria Schnee“. Ein Juwel der spätbarocken Kleinkirchenbaukunst aber auch Sozialgeschichte. In dieser Regensburger Ecke, da atmen noch Reste alter Gewerbebetriebe, die die Gentrifizierung überlebt haben: Der Flohmarkthändler, der bei ihrem Spaziergang immer Zeit für einen Ratsch hat, eine Kirchenmalerwerkstatt oder die Inschrift von 1765 am Türsturz im Prinzenweg. Sie macht das Wagnergewerbe wieder lebendig, ein Kerngeschäft für die vielen kommenden und gehenden Fremden. Und plötzlich hört man hart die Kutschen und Fuhrwerke durch das massige Ostentor rollen. Was waren das für Zeiten! Ein Ort der Hoffnung waren die Gässchen entlang der Ostengasse einst. Für Menschen ohne Haus und Heimat, die noch an das Glück eines sozialen Aufstiegs in der Patrizierstadt glaubten. Solche Narrative werden hier lebendig. Ich mag gerne die Augen hier durch enge, stille Gassen wandern lassen. Da geht der Atem ruhig und wie schön wäre es, es könnte diese Ecke in Regensburg so bleiben. Jetzt entdecken, bevor es zu spät ist!
Text und Foto: Hansjörg Hauser